Sonntag, 30. Oktober 2016

Astern


Jürgen Schwalm: Herbst-Melodie, Assemblage, 1998




Jürgen Schwalm

Astern
(zur Erinnerung an meinen Bruder
Dirk Schwalm)

Aus herbstlichen Himmeln
hat die Trauer
diese Sterne gepflückt
und fügt sie nun
mit schwerer Hand
in einen letzten Kranz.

(Aus dem Zyklus: Der Blütengarten)





Sonntag, 23. Oktober 2016

Canna (Indisches Blumenrohr)

Jürgen Schwalm: Florale Strukturen, 
Glasmalerei, Ausschnitt, 2012






Jürgen Schwalm

Canna
(Indisches Blumenrohr)

Wetterleuchten
in farbigem Sein,
und der Tod
ist ein klingender Strahl.

(Aus dem Zyklus: Der Blütengarten)










Sonntag, 16. Oktober 2016

Rezension Schwitters-Abend am 15.09.2016

Jürgen Schwalm: Die Augen der Nacht, Collage unter Hinterglasmalerei, 2000




Zitate aus einer Rezension über den Auftritt von Jürgen Schwalm in der Lübecker Gemeinnützigen am 15. 9. 2016 ( „Lübeckische Blätter“ vom 1.10.16)

Fümfs bö wö tää – Ein Schwitters-Abend, ein-und ausgerichtet
von Jürgen Schwalm

…Eine Pierrot-anmutende, bunte Weste, extravagante schwarz-weiße Schuhe. Damit ist schon angedeutet, was Jürgen Schwalm, den offensichtlich mit Kurt Schwitters mehr als nur die ersten vier Buchstaben des Nachnamens verbinden (welch Seelenverwandtschaft!), an diesem Abend vorhatte: Keine literaturwissenschaftliche Auseinandersetzung mit Kurt Schwitters… sondern eine bewunderungswürdige Performance zu Ehren des MERZ-Künstlers… 

Manchmal mussten die Zuhörer (und die -innen) schon aufpassen, wo Schwalm aufhörte und Schwitters begann. Wurde man vielleicht zum Amüsement des Vortragenden aufs schwitterige Glatteis geführt und fragte sich: Diesen Prof. Hahnepeter, gibt es den wirklich? Intelligent-vergnüglich und sprachwitziger als in seriösen Nachschlagewerken war Schwalms Exegese zum MERZ – Begriff: Schwitters zerreißt, wieder einmal knapp bei Kasse, einen Brief der Commerzbank und schon ist in Abtrennung des COM der MERZ geboren. Se non è vero, è ben trovato! 

Im Mittelpunkt des Abends stand die Rezitation von Schwitters-Gedichten, besser gesagt; deren Verlebendigung. Ja, auch ganz klassisch reimen konnte Schwitters: Himmelszelt – Sündenwelt. Man wurde Ohrenzeuge des Endes einer todwunden Zigarette in den Liebesarmen eines Leuchtwurms und des wunderbaren Liebespoems „An Anna Blume“ – Anna, die von vorn und hinten gelesen sich immer gleich bleibt wie ein Reliefpfeiler. Pfiff und Tamburinschlag stimmten  „So-so“ an, auch in der Übertragung in perfektes Oxford-Englisch. Endlich wusste man auch um die Bedeutung des großen Taschentuches: Es verhalf  „The Fury of Sneezing“ zum lautmalerischen Niesen: „Happapeppaisch“. Höhepunkt: Schwitters „Ursonate“ (1922 -1932): gesungen, gesprochen, mal hoch, mal tief, mal schnell, mal getragen, vom Klappern der Klapper oder  des Tamburins akzentuiert. Von der Einleitung über die Durchführung der vier Themen - ein Hörgenuss. Wirklich „undumm“, wie Schwitters gesagt haben könnte. Lieber hätte man diesem Heft eine CD beigefügt statt eine schriftliche  Besprechung zu verfassen. Schließen wir also mit Dank (das taten die Zuhörer auch) und einem begeisterten „Rinnzekete bee bee nnz krr müü“.

Jutta Kähler


Samstag, 8. Oktober 2016

Anton Bruckner - Neunte Sinfonie

Jürgen Schwalm: Die Pyramide, Hinterglasmalerei, 2013




Vor 120 Jahren, am 11. Oktober 1896, starb Anton Bruckner in Wien.


Jürgen Schwalm
Anton Bruckner – Neunte Sinfonie

…ich streue die Asche grauer Gedanken über die Sternblüten,
und in dunkler Nacht, wenn die Welt mich nicht mehr stören kann,
setz ich Note gegen Note – Punctum contra punctum –
wie ich’s gelernt hab, und diplomiert ist es auch,
das stopf ich dem Brahms in den Hals
und dem HERRN HERRN Wagner leg ich’s untertänigst zu Füßen…

… und wie ich sie schreib, da hör ich sie, die Musik
auf der Orgel in Sankt Florian mit allen Registern,
die ich ziehe, mit großem Orchester,
den Fanfarenschrei der letzten Stunde,
den stampfenden Rhythmus der Höllenmaschinen,
die brausende Himmelfahrt, die jubelnden Himmelschoräle…

… da taste ich im Nebelfall zurück, wo einst der Sonnenwirbel zuckte, bevor der Sommer starb… ach, meine einsamen Sommer,
meine Herbsttage, in denen die Zeitlose fahlte…

… und nun lausche ich, wie die Totenuhr pocht im Gebälk,
und forme, Wurm, der ich bin und dennoch stolz in meiner Schwäche,
Takt für Takt und Satz für Satz mein letztes GEBET…

…für DICH, LIEBER GOTT…
…denn die LIEBE ist…