Ein Beitrag zur Geschichte Lübecks
Für historisch Interessierte
können selbst „Wegwerf-Artikel“, die in Rumpelkammern und anderen verlassenen
Orten die Zeiten überdauern konnten, nach ihrer Wiederentdeckung eine Fundgrube
bereichernder Fakten und Daten sein. So fiel mir vor Jahrzehnten ein Exemplar
der Lübeckischen Anzeigen No. 9 vom Sonnabend, den 11. Januar 1851 in
die Hände, und ich las mich darin fest.
Da kündigt z.B. die Gesellschaft
zur Beförderung gemeinnütziger Thätigkeit ein Konzert für Sonnabend
den 11. Januar 1851 an, nämlich die 2te Abendunterhaltung für Kammermusik.
Neben Stücken von Schumann und Weber standen vor allem Morceaux de Salon (Salonstücke)
für Clavier allein auf dem Programm mit Kompositionen von Charles Mayer (1799-1862,
Lehrer von M.I. Glinka), nämlich Le Tremolo und L’Elegant, und
das Impromptu von Alexander Dreyschock (1818-1869): La Campanella.
Das Theater in der
Beckergrube unter der Leitung von Friedrich Engel (Sohn des
Theaterdirektors Georg Friedrich Engel, 1777-1859) kündigte für Sonntag, den
12. Januar an Das Vogelschießen, Lustspiel in 5 Akten, von Clauren (1771-1854;
Skandalroman „Mimili“) an und für Montag, den 13. Januar: Anna von
Oestreich, Intriguenstück in 4 Abtheilungen und 6 Akten, nach dem Roman des
Alex. Dumas, frei für die Bühne bearbeitet von Charlotte Birch-Pfeiffer (1800-1868).
Lübecks Thore werden vom
9. Bis zum 23. Januar Morgens um 7 Uhr geöffnet und Abends um 5 Uhr gesperrt.
Krons – oder Tütebeeren
mit Zucker eingekocht annonciert G.C.
Hahn & Co (Georg Carl Hahn, 1822-1895, Konservenfabrikant, neben
Daniel Heinrich Carstens erster Lebensmittelkonserven-Fabrikant in Lübeck) und
Johann Siegmund Mann (1827-1884;
Großvater von Heinrich und Thomas Mann) Finnische Butter, in kleinen und
grösseren Gebinden, außerdem empfiehlt Johann Siegmund Mann:
Von Holland importirte Saatkartoffeln.
Als Haupt=Agent der
Aachener und Münchener Feuer-Versicherungs-Gesellschaft signiert Heinrich Schunck. Heinrich Schunck
(1816-1896) spielte im kulturellen Leben Lübecks des 19. Jahrhunderts eine
bedeutende Rolle. Er war literarischer Berater von Heinrich und Thomas Mann und
von Ludwig Ewers (1870-1946, der den in Lübeck spielenden Familien-Roman: „Die
Großvaterstadt“ als Komplementärstück zu „Buddenbrooks“ schrieb.
Jürgen Schwalm