Samstag, 12. Januar 2019

Der französische Park im Barock

Jürgen Schwalm: “Die Memoiren der Rose”, Fotostudie, 2017


Jürgen Schwalm

Der französische Park im Barock

Französische Gartenanlagen boten das Wege-Parkett für geschliffene Dialoge; die verzwickten Labyrinthe waren für infame Intrigen und spitze Duelle geeignet; die geometrischen Muster der Beete für diplomatische Schachzüge, die gestutzten Boskette für das höfische Protokoll.
Rauschende Fontänen waren eifrige Plaudertaschen, jede Konversation wurde an die andere verraten. Dieser Landschaft, wo die Natur parfümiert wurde und die Künstlichkeit triumphierte, blieben keine menschlichen Laster erspart, obgleich (oder weil?) so viele Götterbilder aus den Kulissen schielten. Unter dem Goldflitter der Sonne und dem Silberlametta des Mondes, die den Etat, dem Himmel sei Dank, nicht belasteten, parodierte der Park die Welt des Monarchen, der unter seinen Laubkronen immer ernst blieb und noch nicht einmal zu bemerken vorgab, dass er auf diesem Heckentheater die Hauptrolle spielte. Denn wer über sich lacht, stellt sich selbst in Frage. Erst viele Jahresringe später sprengte die französische Flora ihre aristokratischen Fesseln in einer gewaltigen botanischen Revolution. Danach war sie wieder tugendhaft. Sie wuchs zu einem neuen Park zusammen – jetzt allerdings zu einem englischen.

(aus Therese Chromik und Bodo Heimann: Poetische Gärten, Husum 2008)






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