Samstag, 3. August 2019

Experimente aus meinem Sprachlabor

Jürgen Schwalm: “Nächtlicher Zauber” oder “Die gläserne Frucht”, Fotobild, 2017


Jürgen Schwalm

Experiment aus meinem Sprachlabor

Im Stil des „West-östlichen Divan“
(für Christel 1961)

Suleika
Träumte nachts, zwei Flüsse wollten
im Osten ineinanderfließen,
doch die Wüstensonne brannte,
hindert’  sie, sich zu ergießen.
Ich erwach’ und ring’ die Hände.
Ich fürchte meines Glückes Ende.

Hatem
Kommt der Regen, netzt die Erde,
 lässt die Flüsse wieder schwellen,
gute folgen bösen Tagen,
wird sich Strom zu Strom gesellen.
Wein’ nicht, schmücke dich und mache
deinen Wunsch zur Herzens-Sache:
Himmels-Regen-Segen dir erlache!

*

Suleika
Ich frag’ mich oft, wo bleiben deine Lieder?
 Einst küssten sie mich zart und leicht
wie Blütenduft durch die Oase streicht.
Sag’, ist die Zeit dahin? O, sing’ mir wieder!

Hatem
Was kann mein Wortgeklingel dir denn bringen?
Spricht sich so schön von Zauberei der Nacht und Tagesglanz.
War viel darin, so warst du’s doch nie ganz.
Die Liebe ist zu groß; ich kann sie nicht besingen.



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