Samstag, 11. November 2017

Jean Cocteau


Jean Marais: “Kopf mit vier Gesichtern”. Die Plastik wurde inspiriert durch eine Szene in Jean Cocteaus Film: “Le Sang d’un Poete” von 1930. In der Filmszene dreht sich ein aus Draht geflochtener Kopf um die eigene Achse. – Sammlung Jürgen Schwalm


Jürgen Schwalm

Jean Cocteau


Im Grunde lebt die Kunst Cocteaus von wenigen Einfällen, die sich zudem als Leitmotive wiederholen: von Gängen durch Wände und Spiegel, von Todesboten, von Handschuhen, die bei mordenden Bestien dampfen, und von gefährlichen Schneeballschlachten.
Bei Cocteaus „Reise um die Welt in achtzig Tagen“ bleibt vieles ungesehen und ungeschehen auf der Strecke, weil Cocteau dabei sein Coupé nicht verlässt, das aussieht wie seine Mietswohnung, die herrlich opiumdurchschwängert ist und von bösen Kindern und schrecklichen Eltern ramponiert wird. Überall häuft sich das zusammengestohlene Inventar; edle Kaminbüsten finden sich neben Gießkannen, die ungebraucht verrosten, weil hinter den Plüschportieren nur künstliche Blumen wachsen. Aber diese Unordnung ist Cocteaus Vorteil. Die kuriose Einrichtung bleibt ja nicht an den Stellen, wohin sie das Leben warf; sie purzelt vielmehr immer wieder in überraschender Weise neu und anders durcheinander, und Cocteau kennt keine Skrupel, diese zufälligen Konstellationen aufzuschreiben, als hätte er sie erdacht. Aus dieser Hemmungslosigkeit erwuchs sein Ruhm zu akademischen Höhen und Ehren.
 
(aus: „Der Lebens-Baum“ –Betrachtungen, 2005)


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