Freitag, 25. November 2022

Joseph Victor von Scheffel


 

In meiner Bibliothek befindet sich die 1896 erschienene Luxusausgabe des Trompeters von Säkkingen von Joseph Victor von Scheffel (1826-1886) mit den Illustrationen von Anton von Werner (1843-1915). Die Erstausgabe des Buches, dem Scheffel den Untertitel Sang vom Oberrhein gab, erschien 1854 in Stuttgart.

Bad Säckingen ist eine Kurstadt im Landkreis Waldshut in Baden Württemberg. Scheffel wurde zu seinem Werk durch eine historische Begebenheit aus dem 17. Jahrhundert inspiriert, nämlich durch die Liebesbeziehung zwischen dem bürgerlichen Franz Werner Kirchhofer (1633-1690) und der adligen Maria Ursula von Schönau (1632-1691), die bei Scheffel Margareta heißt.

 Scheffels „Trompeter von Säkkingen“ machte den Ort berühmt; das Werk wurde bearbeitet, dramatisiert, vertont und verfilmt. Das Werk ist zweifellos ein romantischer Sang, doch wird die Romantik an vielen Stellen durch Humor und Ironie entzaubert, nicht zuletzt durch die „tierphilosophischen“ Betrachtungen des Katers Hiddigeigei. Auf S. 151 stolpert man über den Vierzeiler:

Denn der Große frisst den Kleinen,

Und der Größte frisst den Großen:

Also löst in der Natur sich

Einfach die soziale Frage.

Anton von Werner ist der Maler des 1877 entstandenen Bildes: „Die Proklamierung des deutschen Kaiserreiches“ 1871, das in mehreren Fassungen ausgeführt wurde und gro0e Popularität erlangte. Seine Illustrationen zum Trompeter von Säkkingen entstanden in den 1860ger Jahren.

Das Bild (S. 152) zeigt Margareta, die versucht, Werners Trompete zu blasen, was ihr aber nicht gelingt. 

Jürgen Schwalm  

 

  

Freitag, 18. November 2022

Theodor Schwalm: "Fischerboote". Aquarellskizze zu einem später ausgefertigten Ölbild für den Norddeutschen Lloyd in Bremen

 

In den „Lübecker Nachrichten“ (Ausgabe vom 30./31.10. 2022) erschien eine Rezension des Buches von Jürgen Schwalm: Arthur Fitger und Theodor Schwalm – Dokumente einer Künstlerfreundschaft in Bremen (s: Seemann Publishing). Daraus folgen Auszüge:

Die Publikation „Arthur Fitger und Theodor Schwalm“ handelt von zwei Menschen, die – trotz eines gravierenden Unterschieds bei Alter und sozialer Herkunft – eng miteinander verbunden waren. Der aus armen Verhältnissen stammende Theodor Schwalm, Großvaters des Autors, war Zögling des St. Petri-Waisenhauses in Bremen, als Fitger den damals dreizehnjährigen Knaben „entdeckte“. Fitger, ein längst arrivierter, weithin bekannter und geschätzter Maler, suchte gerade ein Modell und fand es in Theodor. Er nahm sich des Jungen an, schulte und förderte dessen künstlerische Veranlagung. Später beschäftigte er ihn als Mitarbeiter bei der Ausgestaltung der dekorativen Wandmalereien etwa in der Bremer Börse oder im Hamburger Rathaus, mit denen Fitger seinen Ruf begründet hatte. Neben der Assistententätigkeit für den väterlichen Freund entwickelte Theodor eine eigene künstlerische Existenz… Der soziale Aufstieg war in jenen Gründerjahren ein großes Thema, es entstanden Bildungseinrichtungen für Arbeiter, in Bremen der Verband „Lessing“ unter tatkräftiger Mithilfe Theodor Schwalms. Die Lebensspur des Großvaters verfolgt nun der Autor, gestützt auf zahlreiche Dokumente und Abbildungen, detailliert. Zu einer reinen Familiengeschichte wird die Darstellung Schwalms trotzdem nicht. Sie überschreitet vielmehr die Grenzen des Privaten und weitet sich zu einem lesenswerten Beitrag von Sozial- und Kulturgeschichte im deutschen Kaiserreich.

 Hermann Hofer.

 

 

 

Mittwoch, 9. November 2022

"Ganz gehorsamstes Promemoria...."

Goethit, Varietät: Brauner Glaskopf, Harz. -Sammlung und Foto: Jürgen Schwalm

 

Johann Wolfgang von Goethe schrieb im März 1811 an das Landes-Polizeikollegium Weimar (zitiert nach Albert Haueis „Briefe deutscher Klassiker“, 1941):

Ganz gehorsamstes Promemoria.

Nach der älteren, erst vor kurzem unter dem 26. Februar erneuerten Polizeiverordnung, welche den Herrschaften zur Pflicht macht, die Dienstboten nicht bloß mit allgemeinen und unbedeutenden Attestaten zu entlassen, sondern darin gewissenhaft ihr Gutes und ihre Mängel auseinanderzusetzen, habe ich der Charlotte Hoyer, welche als Köchin bei mit in Diensten gestanden, als einer der boshaftesten und inkorrigibelsten Personen, die mir je vorgekommen, ein, wie die Beilage ausweist, freilich nicht sehr empfehlendes Zeugnis bei ihrem Abschiede eingehändigt.

Dieselbe hat sogleich ihre Tücke und Bosheit noch dadurch im Übermaß bewiesen, dass sie das Blatt, worauf auch ihrer ersten Herrschaft Zeugnis gestanden, zerrissen und die Fetzen davon im Hause herumgestreut; welche zum unmittelbaren Beweis gleichfalls hier angefügt sind.

Ein solches gegen die Gesetze wie gegen die Herrschaften gleich respektwidriges Benehmen, wodurch die Absichten eines hohen Polizeikollegii sowohl als der gute Wille der einzelnen, den vorhandenen Gesetzen und Anordnungen nachzukommen, fruchtlos gemacht werden, habe nicht verfehlen wollen sogleich hiermit schuldigst anzuzeigen und die Ahndung einer solchen Verwegenheit einsichtsvollem Ermessen anheim zu geben; wobei ich noch zu erwähnen für nötig erachte, dass es die Absicht gedachter Hoyer war, in die Dienste des hiesigen Hofschauspielers Wolff (1) zu treten.

Beilage

Charlotte Hoyer hat zwei Jahre in meinem Hause gedient. Für eine Köchin kann sie gelten und ist zuzeiten folgsam, höflich, sogar einschmeichelnd. Allein durch die Ungleichheit ihres Betragens hat sie sich zuletzt ganz unerträglich gemacht. Gewöhnlich beliebt es ihr nur nach eigenem Willen zu handeln und zu kochen; sie zeigt sich widerspenstig, zudringlich, grob und sucht diejenigen, die ihr zu befehlen haben, auf alle Weise zu ermüden. Unruhig und tückisch verhetzt sie ihre Mitdienenden und macht ihnen, wenn sie nicht mit ihr halten, das Leben sauer. Außer anderen verwandten Untugenden hat sie noch die, dass sie an den Türen horcht. Welches alles man, nach der erneuten Polizeiverordnung, hiermit ohne Rücksicht bezeugen wollen.

(Anm. 1) gemeint ist der Schauspieler und Schriftsteller Pius Alexander Wolff (1782-1828), der 1803 nach Weimar kam und durch Goethe gefördert wurde.