Sonntag, 27. August 2017

Troja


Jürgen Schwalm: “Wer verschleppte das hölzerne Pferd von Troja nach Metropolis?”, Collage, 2017



Jürgen Schwalm


Troja


Das hölzerne Pferd glänzt frisch lackiert und scharrt mit den Hufen.
Die Mauerquadern sollen sich fügen wie einst.
Laufkäfer zeichnen die alten Baupläne in den Staub.
Schon tropft die Sonne auf die Steine:
Falscher Goldregen, Strass für Akanthusblatt und Marmor.
Die Lust der Farben steigert sich zu homerischem Gelächter,
das mit Schliemann durch alle Hexameter stolpert.
Ilions Versmaß befunkelt den Schatz des Priamos.
Voß ertrank ja längst im Tintenfass der Schatten,
wo die greisen Helden ihn zum Gastmahl luden.
Aber junge Blüten öffnen sich über dem Abgrund des Hades:
Das sind die Augen der Götter, und die feiern das Leben.


(aus: Griechische Zeilen)



Sonntag, 20. August 2017

Verbrannte Erde

Jürgen Schwalm: “Helios herrscht in Hellas”, Collage, 1994


Jürgen Schwalm


Verbrannte Erde

Lorbeer verbittert
aus Kronen gezupft
in die Fugen der Zeit geraten
mit dürren Kräutern verschmäht

Kein Rad schöpft Wasser 
wo nur Rost blüht

Keine Mühle
bricht dem Wind die Arme
wenn er am Mittag
die Sonne bedroht

Jeder geworfene Fluch
fällt als Stein zurück
und zerschlägt den Tag

(aus: Griechische Zeilen)




Samstag, 12. August 2017

Schattenverstecke


Jürgen Schwalm: “Das schwarze Herz der Mohnblüte”, Foto, 2017


Jürgen Schwalm

Schattenverstecke

Tintenfischringe und Knoblauchsoße
 empfiehlt uns Dionysos
 und wedelt mit der Serviette.
 Doch dann darf mein schmatzender Kuss
 nicht mehr deine Lippen treffen
 sondern allenfalls noch deine Ellenbeuge
 und andere Schattenverstecke.
 Ob du davon beglückt bist,
 fragt sich freilich,
 während ich dir immer wieder
 Retsina einschenke,
 um dein Glas auszutrinken,
 und mich über dich neige,
 um die roten Mohnblüten
 auf deinem Kleid zu zählen,
 die mit dem schwarzen Herzen,
 aber die Summe
 fällt unterm Strich
 bei jedem Versuch anders aus.

 Wie soll da am Ende die Zeche stimmen,
 wenn ich mich dauernd bei dir verrechne?

(aus: Griechische Zeilen)


Samstag, 5. August 2017

Faliraki

Jürgen Schwalm: “Griechischer Sommer”, Collage, 1996



Jürgen Schwalm

Faliraki


Sandkuchen
aber wirklich aus Sand gebacken
von einer Kinderschaufel in den Sonnenofen geschoben
während Mutters Liegezeit am Strand

Der Badeschuh strauchelt
Das Handtuch flüchtet
Vaters Zigarette schrumpft bis zur Kippe

Am Ausschnitt der Bucht zerläuft der Lichtschutz
trocknen auf der Haut die salzigen Tränen
die das Meer vermarktet

Eine kleine Ausfahrt gefällig
in einem weißen Boot
ein Scheibchen laue Nacht mit Weinverkostung
zum minimalen Aufschlag der Halbpension?


(aus: Griechische Zeilen)