Aus der medizinhistorischen Sammlung von Jürgen
Schwalm
Rechts
oben: Votivbild des Archinos an
Amphiaraos (Inschrift). Links behandelt der Heilgott Amphiaraos den Patienten
Archinos, rechts liegt der kranke Archinos auf einer Kline, seine verletzte
Schulter wird von einer Schlange zu Heilzwecken geleckt, rechts steht der gesundete
Archinos betend vor einer Weihetafel. Attisch, 1. Hälfte des 4. Jh. V. Chr.,
Marmor, Höhe 49 cm, Breite 54,5 cm, Fundort: Amphiaraion in Oropos, Athen,
Nationalmuseum, In. 3369. Links oben: Nachbildungen von Arztinstrumenten
aus Pompeji und Herculaneum. Originale im National-Museum Neapel. Von links
nach rechts: 1. Sonde, 2. Schere, 3. Haken, 4. Spatel zum Auftragen von Salbe,
5. Sonde, 6. Skalpell, 7. Fremdkörperzange, 8. Messer. Links unten: Bronzeleber
von Piacenza, 1877 bei Piacenza gefunden, seither im dortigen Museo Civico.
Stilisiertes Modell einer Schafsleber aus dem 3. Jh. V. Chr. Der Rand des
Modells ist wie das Himmelsgewölbe in 16 Regionen mit den Namen der
etruskischen Götter aufgeteilt, die den griechisch-römischen Göttern entsprachen.
Die Leber diente als „Anschauungsmaterial“ bei der Leber- und Eingeweideschau
der Etrusker; die Lehre stand in den Libri haruspicini (nach Cicero ein Teil
des Regelwerks der Etrusker). Rechts unten: Replik eines römischen
Salbgefäßes.
Jürgen Schwalm
die lust zu schreiben
der zwang zu schreiben
der versuch mich selbst zu heilen
könnte immerhin erkenntnisse bringen
die dazu beitragen
auch für dich eine therapie zu finden
oft erlauben übersichtliche verhältnisse
einfache chirurgische maßnahmen
den kreuzschnitt um den karbunkel zu entleeren
oder die gewebedurchtrennung mit skalpell und schere
um einen tumor freizulegen und auszuschälen
oder die elektokoagulation eines herdes
aber zwischen dir und mir wären nervennähte nötig
denn die verbindungen zwischen uns
werden immer wieder unterbrochen
ermittelte daten bleiben chiffren ohne code
doch ich gebe die hoffnung nicht auf
dir zu helfen indem ich mir helfe
und wenn auch nur durch anreiz zum befreienden gelächter
in der lust zu schreiben
und im zwang zu schreiben
schlag ich immer wieder salto hoch am trapez
verlass mich darauf dass das netz der worte hält
falls ich abstürzen sollte
dass die worte ihr wort halten
wenn sie ausgestoßen werden
mit der letzten presswehe zum ersten schrei in die welt
nun haben sie ihre schicksale
und vielleicht auch nur ein kurzes leben
doch selbst ein einzges wort kann die entscheidung sein
(Vorwort zu: Schein und Wirklichkeit, Kurzgeschichten deutscher Ärzte
gesammelt von Armin Jüngling, Verlag Th. Breit, Marquartstein, 1977)