Samstag, 28. August 2021

Jürgen Schwalm: „Der Albtraum“, Tusche auf strukturiertem Papier, 1998



Dr. Krishna Srinivas (1913-2007)
WORLD POETRY
2. Band POETRY EUROPE
Madras India 1982

Jürgen Schwalm
 
Aber nun lebe ich nicht 

BUT NOW I DO NOT LIVE 

You took the bandage from my eyes
that I may see
and I became blind

You let in daylight
to blacken the film
of my illusions
and I became prone to deception

You played the tape
of the never changing
litany of your words –
to help- as you said
and I was crushed
by the effort of your conversions

You left me
only brief pauses
during which
I could not find myself any more –
You always wakened me
too soon and said:

The secret is adaptation –
I adapted myself
and now am no longer alive
 
Translated by Eric Vio
Die deutsche Fassung des Gedichtes steht in dem Sammelband:
Jürgen Schwalm: Arm in Arm und Wort für Wort – Gedichte aus sechs Jahrzehnten
Seemann Publishing 2020
ISBN: 9798598725467

 

 

 

 

Freitag, 20. August 2021

Notizen zur Kulturgeschichte Lübecks (Fortsetzung...)




 

Jürgen Schwalm

Notizen zur Kulturgeschichte Lübecks

(Fortsetzung des Artikels der letzten Woche)

Die von Joseph Pero begonnene Sammlung kunsttopographischer Aufnahmen von Lübeck griff der Architektur- und Kunstphotograph Johannes Nöhring (geb. 1834 in Wesloe, gest. 1913 in Lübeck) auf, der sich 1861 in Lübeck als selbstständiger Photograph niedergelassen hatte. Er verfertigte nicht nur Aufnahmen Lübecks, sondern auch anderer Städte Norddeutschlands und wurde bereits 1873 auf der Wiener Weltausstellung für seine Aufnahmen aus Architektur und Bildender Kunst mit einer Verdienst-Medaille geehrt. Er gründete in Lübeck 1874 und 1879 Lichtdruckanstalten. Der erste der von der Lübecker Baubehörde herausgegebenen Bände „Bau- und Kunstdenkmäler der Hansestadt Lübeck“ erschien 1906 in Nöhrings Verlag in Lübeck. 1904 trat Nöhring als Photograph in den Ruhestand; der Verlag wurde von seinem Sohn Bernhard Nöhring (1866-1938) fortgeführt.

Vor Jahrzehnten erwarb ich den Band: „Album von Lübeck. – Verlag L. Peters Lübeck“ o.J. Auf dem Einband steht die Widmung: „Zur freundlichen Erinnerung an die Familie Steffen in Lübeck 1883“; das Buch wurde (eingeklebtes Etikett) von der Buchhandlung Edmund Schmersahl in Lübeck verkauft. Das in Leporello-Manier gebundene Exemplar enthält 12 Lichtdrucke von Johannes Nöhring mit jeweils folgenden Bildlegenden: 1. Lübeck vom Chimborasso gesehen, 2. Lübeck vom Dom gesehen, 3. Hafen zu Lübeck, 4. Marktplatz zu Lübeck, 5 .Lübeck, Holstenthor, Marien- u. Petrikirche, 6. Heil. Geist-Hospital zu Lübeck, 7. Dom zu Lübeck, 8. Lübeck, Breitestrasse mit Rathhaus, 9. Burgthor zu Lübeck, 10. Holstenthor zu Lübeck, 11. Jacobikirche zu Lübeck, 12. Inneres der Marienkirche zu Lübeck.

Meinem Artikel sind die Bilder 1 und 3 beigefügt.

 

 

 

 

Samstag, 14. August 2021

Notizen zur Kulturgeschichte Lübecks


 

Jürgen Schwalm

Notizen zur Kulturgeschichte Lübecks

Joseph Wilhelm Pero

Eine der bahnbrechenden und zugleich eine der erfolgreichsten und folgenreichsten Erfindungen in der 1. Hälfte des 19. Jahrhunderts war die Photographie. Zu Beginn der „Lichtschrift“ war es die Daguerreotypie (Publikationen des Verfahrens seit 1839), die aber nur seitenverkehrte, nicht reproduzierbare Aufnahmen ermöglichte. Bald kam deswegen das Negativverfahren auf (Talbot), mit dem beliebig viele Bildabzüge eines Motivs angefertigt werden konnten. Durch das neue Verfahren wurde erstmals in größerem Umfang eine Bestandserfassung der „belebten und der unbelebten Natur“ ermöglicht. Es wurde „chic“, sich fotografieren zu lassen; das bis dahin als repräsentativ eingeschätzte Ölbild verlor als Vorzeige- und Prestigeobjekt an Bedeutung. Der „Boom“, den die neue Erfindung auslöste, veranlasste viele Maler der damaligen Zeit, photographische Ateliers zu eröffnen. So verwandelte einer meiner Vorfahren, der „Kunst-Maler“ Heinrich Dragendorff (1809-1868; er lithographierte 1840 die „Attitüden der Lady Hamilton“), sein Münchner Maleratelier in ein „photographisches Kabinett“.

In Lübeck war Joseph Wilhelm Pero (geb. 1808 in Hamburg, gest. 1862 in Lübeck) der erste, der eine photographische Dokumentation der Architektur Lübecks plante und erstellte. Pero hatte bis 1830 eine Ausbildung als Maler an der Königlich Preußischen Kunstakademie in Düsseldorf bei Friedrich Wilhelm von Schadow absolviert, kam 1836 nach Lübeck und ließ sich dort als Maler nieder. 1844 wohnte er -laut Eintragung im Lübecker Adressbuch von 1844 - in der Mühlenstraße (nach der damaligen fortlaufenden Nummerierung im Haus 874; die heute übliche Zählung nach Straßen wurde erst 1884 eingeführt). Seit spätestens 1843 war Pero auch als berufsmäßiger Daguerreotypist tätig und damit der erste niedergelassene Photograph Lübecks. In meiner Sammlung von Lubecensien befindet sich die oben abgebildete Wiedergabe einer Daguerreotypie der Lübecker Marienkirche von Osten. Sie entstand um 1846 (die an sich spiegelverkehrte Aufnahme ist hier seitenrichtig abgebildet). Besonders die Stadtansichten begründeten die große Wertschätzung Peros als Photograph. Schon 1847 war er beim preußischen König Friedrich Wilhelm IV in Potsdam zu Gast, der von den Lübeck-Bildern Peros so beeindruckt war, dass er Pero die Aufgabe übertrug, die mittelalterlichen Backsteinbauten in der Mark Brandenburg abzulichten.

(Der Artikel wird in der nächsten Woche fortgesetzt)

 

 

 

 

 

Freitag, 6. August 2021

Inszenierung für Aristophanes

Martin-von-Wagner-Museum der Universität Würzburg. Sogenannte „Schauspieler-Scherbe“, Bruchstück eines Kraters, 350-340 v. Chr., angeblich aus Tarent. Darstellung eines Schauspielers, der nach einer Aufführung die Maske zum Applaus abnimmt.- Bildersammlung: Jürgen Schwalm



Jürgen Schwalm

Inszenierung für Aristophanes
Eifersucht, die mit Eifer sucht


Hera,
die Frau des Göttervaters Zeus,
hat ihren Hund
in einen Besucherstuhl verzaubert,
der nachmittags alle Viere von sich streckt
und doch wachsam bleibt.

Wenn Alkmene,
die Geliebte des Zeus
und die Verhasste der Hera,
zur Teestunde erscheinen muss
und nicht bereit ist,
vom letzten Schäferstündchen mit Zeus
aus dem Nähkästchen zu plaudern,
fordert Hera sie mit sanfter Stimme auf,
sich auf den Besucherstuhl zu setzen,
setzt die Brille auf die Nase,
nimmt den Strickstrumpf zur Hand,
fragt und horcht
und freut sich an Alkmenes Angst,
denn das Zauber-Möbel fletscht schon die Zähne
und wird gleich zum Wadenbeißer


(aus: Griechische Zeilen)

 

Sonntag, 1. August 2021

Chanson in memoriam Friedrich Hollaender

Cast des 1940 gedrehten US-amerikanischen Filmes „Seven Sinners“ (Das Haus der sieben Sünden), in dem Marlene Dietrich die Songs „I’ve Been in Love Before“ und „The Man’s in the Navy“ von Friedrich Hollaender vorträgt. Illustrierte Filmbühne Nr. 365, Seite 2

 

Jürgen Schwalm

Chanson in memoriam Friedrich Hollaender

 

Ich schreibe das, was unterhaltsam heiter klingt

und insgeheim nicht selten um die Fassung ringt,

das munter hüpft und wachsam bellt,

 wenn es der uneinsichtig blinden Welt

kritisch den Spiegel vor die Schnauze hält.

 Die hielt ich selber nie. Man hat mich fortgetrieben,

doch bin ich auch danach in Schwung geblieben.

Mir tritt das Schicksal immer wieder uffs Pedal,

ich spiel doch weiter so, als wäre mir’s egal,

schreib nach wie vor vom Wechselglück der Liebe,

 die immer wieder aus der Asche steigt,

die dauerhafter bei den Menschen bliebe,

hätt man sie nicht so oft vergeigt.

Ich lache laut und möchte oftmals einsam sein

 in meinem Heimweh nach dem Traurigsein.