Freitag, 26. Januar 2024

Zum 92. Geburtstag von Jürgen Schwalm

Jürgen Schwalm: Schwarzherz /Mohn, Foto, 2017

 

 

Berthild Schäper

Jürgen Schwalm

Sein Lied
schwingt sich auf,
lachend, lustvoll,
im Übermut,

weiß um die Weite der Himmel,
singt in Sonne und Eis
mit den Gefiederten
um die Wette
über Grenzen hinweg,

erstrahlt in Symphonien,
intoniert zärtlich in Zonen der Stille,
weiß um die kostbare Frist der Fuge. 

 

 

 

 

Samstag, 20. Januar 2024

Die Unart des Schmollens

 Ignace Isidore Gérard Grandville (1803-1847): Titelblatt aus der deutschen Ausgabe von "Un autre monde"; die französische Ausgabe erschien 1843, die deutsche 1847 in der Verlagsbuchhandlung von Carl D. Lorck in Leipzig. - Die Abbildung bezieht sich auf die Titelgeschichte "Ein Märchen", in der es am Schluss heißt: Und siehe, am Arm der Phantasie, von ihr geleitet, vergaß der kleine Maler Hunger und Durst und durchschritt, ein neuer Mensch, die neugeschaffene Erde.

 

Julius Roderich Benedix (1811-1873) war ein deutscher Komödiendichter, Schauspieler und Theaterdirektor. Er verfasste das Schauspiel „Das bemooste Haupt“, das 1839 in Wesel uraufgeführt und 1840 nach der Aufführung in Königsberg in Deutschland und auch im Ausland zu einem ebenso großen Erfolg wurde wie Benedix 1842 in Hamburg uraufgeführtes Stück „Doctor Wespe“.

Benedix publizierte (in Leipzig, Verlag Gustav Pönicke, ohne Datum) das Buch: Die Ehestandskunst unter dem Namen Benedix Roderich.

Zitat:

Keine Waffe aus der ganzen Rüstkammer des weiblichen Geschlechts ist so unheilbringend für uns Männer, als diejenige, die aus allen dagewesenen langwierigen ehelichen Zwisten als das „Schmollen“ bekannt geworden ist. Die Stimme erheben und mit einem Füßchen stampfen, könnte man mit dem Gebrauch des Ober- und Untergewehrs vergleichen; Krämpfe, Ohnmachten, Migraines als die Feldschlangen des weiblichen Belagerungsgeschützes ansehn; Thränenvergießen ihr Breschelegen nennen; ihr auf den Hals fahren ist ihr Breschelaufen. Allein das Schmollen – das ist das langwierige vor dem Platz Liegen, ist – um ihn zur Capitulation zu zwingen – die Aushungerung des Feindes! Man hat Regenschirme, Lichtschirme, Sonnenschirme, Blitzableiter, Hagelableiter, Feuerversicherungsanstalten, Lebensversicherungsanstalten & , man errichtete unlängst sogar Versicherungsanstalten für Eisenbahnen. Aber man besitzt noch keinen Schmollschirm, noch keinen Schmollableiter, noch keine Schmollversicherungsanstalten. Eine schmollende Frau ist eine immerwährende Dachtraufe, welche endlich auch den härtesten Geduldstein aushöhlt. Verkleinerungssüchtige behaupten, jede Frau sei anders, jede Frau spreche anders, jede Frau hadre anders, jede Frau schmeichle anders: allein das müssen wir einräumen, alle Frauen schmollen auf gleiche Weise; ihr Schmollen ist die einzig gekannte Universalsprache, denn sie wird verstanden von den Irokesinnen an bis zu den Pariserinnen und Zwenkauerinnen, vom Throne bis zur Hütte…Wenn eine Frau zankt, so zankt sie blos mit dem Manne; wenn eine Frau aber schmollt, so schmollt sie nicht allein mit dem Manne, sondern mit Allem, was diesem nahe geht. Sie schmollt mit seinem Hunde, mit seinem Reitpferd, mit seinem Pfeifenkopfe, mit seinem Schreibzeug, mit seinem Schlafrocke, mit seinem Lieblingsgerichte, mit seinen Pantoffeln; wenn er ein Künstler ist, schmollt sie mit seinen Gemälden, mit seinen Büsten, mit seinen Rollen, mit seinen Gedichten &; sie schmollt nicht nur mit ihm, sie schmollt auch mit seinem verstorbenen Großvater, mit seinem Jugendlehrer, mit seinem Barbier und mit seinem Hühneraugenoperateur. Der schädliche Einfluß dieses Schmollens erstreckt sich vom Zenith des Mannes d. h. von seiner Schlafmütze an bis zu seinem Nadir, d.h. bis zu seinen Fußsocken hinab… 

Nachsatz von Jürgen Schwalm:

Ich habe aber auch viele schmollende Männer erdulden müssen.

 

 

 

 


 

Freitag, 12. Januar 2024

Der Mann

Carl Friedrich Pockels: Der Mann. -  Foto des Titelblattes eines Exemplars des Werkes aus dem Jahr 1805 in der Bibliothek von Jürgen Schwalm

 

 

Vor Jahrzehnten wurde ich von meiner Freundin Eva Schwieger mit einem für die heutige Zeit kuriosen vierbändigen Buch beschenkt:

Der Mann. Ein anthropologisches Charaktergemälde seines Geschlechts. Ein Gegenstück zu der Charakteristik des weiblichen Geschlechts. Von Carl Friedrich Pockels, Herzogl. Braunschw. Lüneburg. Hofrathe, Canonicus des Stifts St. Blasii zu Braunschweig.  Hannover, in der Ritscherschen Buchhandlung, 1805 - 1808.

Karl Friedrich Pockels ( 1757-1814) war Erzieher der beiden jüngsten Söhne des Herzogs Karl Wilhelm Ferdinand von Braunschweig (1735-1806). Pockels verfasste populäre psychologische und pädagogische Werke, u.a. zur Kinderpsychologie und zur Psychologie der Geschlechter. Vorangegangen war der Versuch einer Charakteristik des weiblichen Geschlechts. Ein Sittengemälde des Menschen, des Zeitalters und des geselligen Lebens (1797-1801).

Es folgt hier ein Zitat aus dem 1. Band Der Mann:

Die Geschichte älterer und neuerer Zeiten nennt uns eine Menge Helden und unsterblich großer Männer, deren bewunderungswürdiger Thaten- und Denkgeist in eine kleinliche , zartgebauete Körperform eingeschlossen war, und von der Zerbrechlichkeit seines Wohnhauses nicht wenig dulden musste. Überhaupt scheint auch nur mittelmäßige Größe des Körpers dem höhern Genie günstig zu seyn, und die Region derselben unter männlichen Colossen auf eine auffallende Art zu verschwinden. Die physische Schwerfälligkeit und Langsamkeit der letztern geht meisten Theils auch in ihre Denkkraft und ihren Charakter über, und die Natur scheint sie mehr zur Parade, als zur Verherrlichung ihrer thätigern Kräfte, hingestellt zu haben. Als Gelehrte sind sie gemeiniglich nur – Magazinköpfe, Sammler, Lexicographen, vielleicht sehr fleißige Arbeiter; aber unendlich selten – scharfe Selbstdenker. Als Krieger trauet man ihnen nicht viel Muth zu, - weil dieser mit einer gewissen Leichtigkeit und Schnellkraft des Körpers in Verwandtschaft steht, und weil sie aus eitler Vorliebe für den hoch hervorragenden Körper zu sehr seine Verstümmelung fürchten. Als Ehemänner sind sie fast immer die passiven Sclaven ihrer Frauen, weil jene Riesen gemeiniglich von einer sehr materiellen Sinnlichkeit beherrscht werden, und aus Mangel eigener Bewegbarkeit sich gern bedienen lassen, wodurch ihre eigene Dienstbarkeit nur desto entschiedener wird. Als Menschen überhaupt sind sie nicht selten fade, langweilige und weibische Figuranten, die überall, vermöge ihrer Riesenfigur, - und allein durch dieselbe, die Herzen der Weiber zu gewinnen glauben; aber gemeiniglich von diesen im Hintergrunde belacht werden. – Es ist hier der Ort nicht, die übrigen Eigenthümlichkeiten dieser Menschen, - ihre Neigung zum Possierlichen und Comischen, selbst in Miene und Geberdung, (worin sie mit zu kleinen Körpern viel Ähnlichkeit haben) oder auch das andere Extrem, - die Huldigung fordernde Feyerlichkeit ihres Äußern, in so fern es von der Plumpheit ihrer Körpermasse und des Geistes hervorgebracht wird, zu erläutern. In allen Fällen scheint die Natur für die zart gebaueten Organisationen mehr, als für ihre - Flügelleute gesorgt zu haben.          

Jürgen Schwalm

 

 

 

 

 

Samstag, 6. Januar 2024

Wehe aber du lügst

Jürgen Schwalm: Die blaue Landschaft, Hinterglasmalerei, 2017

 

Jürgen Schwalm

 

Wehe aber du lügst

 

Lass deinen Tag

links liegen oder rechts,

lass deine Sonne

vom Osten scheinen

 oder den Wind vom Westen wehen  -

 

Wehe aber du lügst und wirfst Parolen in den Tag.

 

Auf diesen Beitrag, der 1982 in meinem Band „Farbwechsel“ (Breit-Verlag Marquartstein) erschien, schrieb mir die Schriftstellerin Ellen Seib-Schaefer folgende Antwortzeilen:

 

Ellen Seib-Schaefer

 

Du hast ins Rote und ins Schwarze getroffen –

ich setze das Ei darauf:

Es gilt nicht eine neue Welt zu entdecken

doch eine neue Liebe

unduldsam und allergisch gegen die Lüge