Samstag, 20. Januar 2024

Die Unart des Schmollens

 Ignace Isidore Gérard Grandville (1803-1847): Titelblatt aus der deutschen Ausgabe von "Un autre monde"; die französische Ausgabe erschien 1843, die deutsche 1847 in der Verlagsbuchhandlung von Carl D. Lorck in Leipzig. - Die Abbildung bezieht sich auf die Titelgeschichte "Ein Märchen", in der es am Schluss heißt: Und siehe, am Arm der Phantasie, von ihr geleitet, vergaß der kleine Maler Hunger und Durst und durchschritt, ein neuer Mensch, die neugeschaffene Erde.

 

Julius Roderich Benedix (1811-1873) war ein deutscher Komödiendichter, Schauspieler und Theaterdirektor. Er verfasste das Schauspiel „Das bemooste Haupt“, das 1839 in Wesel uraufgeführt und 1840 nach der Aufführung in Königsberg in Deutschland und auch im Ausland zu einem ebenso großen Erfolg wurde wie Benedix 1842 in Hamburg uraufgeführtes Stück „Doctor Wespe“.

Benedix publizierte (in Leipzig, Verlag Gustav Pönicke, ohne Datum) das Buch: Die Ehestandskunst unter dem Namen Benedix Roderich.

Zitat:

Keine Waffe aus der ganzen Rüstkammer des weiblichen Geschlechts ist so unheilbringend für uns Männer, als diejenige, die aus allen dagewesenen langwierigen ehelichen Zwisten als das „Schmollen“ bekannt geworden ist. Die Stimme erheben und mit einem Füßchen stampfen, könnte man mit dem Gebrauch des Ober- und Untergewehrs vergleichen; Krämpfe, Ohnmachten, Migraines als die Feldschlangen des weiblichen Belagerungsgeschützes ansehn; Thränenvergießen ihr Breschelegen nennen; ihr auf den Hals fahren ist ihr Breschelaufen. Allein das Schmollen – das ist das langwierige vor dem Platz Liegen, ist – um ihn zur Capitulation zu zwingen – die Aushungerung des Feindes! Man hat Regenschirme, Lichtschirme, Sonnenschirme, Blitzableiter, Hagelableiter, Feuerversicherungsanstalten, Lebensversicherungsanstalten & , man errichtete unlängst sogar Versicherungsanstalten für Eisenbahnen. Aber man besitzt noch keinen Schmollschirm, noch keinen Schmollableiter, noch keine Schmollversicherungsanstalten. Eine schmollende Frau ist eine immerwährende Dachtraufe, welche endlich auch den härtesten Geduldstein aushöhlt. Verkleinerungssüchtige behaupten, jede Frau sei anders, jede Frau spreche anders, jede Frau hadre anders, jede Frau schmeichle anders: allein das müssen wir einräumen, alle Frauen schmollen auf gleiche Weise; ihr Schmollen ist die einzig gekannte Universalsprache, denn sie wird verstanden von den Irokesinnen an bis zu den Pariserinnen und Zwenkauerinnen, vom Throne bis zur Hütte…Wenn eine Frau zankt, so zankt sie blos mit dem Manne; wenn eine Frau aber schmollt, so schmollt sie nicht allein mit dem Manne, sondern mit Allem, was diesem nahe geht. Sie schmollt mit seinem Hunde, mit seinem Reitpferd, mit seinem Pfeifenkopfe, mit seinem Schreibzeug, mit seinem Schlafrocke, mit seinem Lieblingsgerichte, mit seinen Pantoffeln; wenn er ein Künstler ist, schmollt sie mit seinen Gemälden, mit seinen Büsten, mit seinen Rollen, mit seinen Gedichten &; sie schmollt nicht nur mit ihm, sie schmollt auch mit seinem verstorbenen Großvater, mit seinem Jugendlehrer, mit seinem Barbier und mit seinem Hühneraugenoperateur. Der schädliche Einfluß dieses Schmollens erstreckt sich vom Zenith des Mannes d. h. von seiner Schlafmütze an bis zu seinem Nadir, d.h. bis zu seinen Fußsocken hinab… 

Nachsatz von Jürgen Schwalm:

Ich habe aber auch viele schmollende Männer erdulden müssen.

 

 

 

 


 

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