Freitag, 21. Mai 2021

Vierzehnheiligen

Jürgen Schwalm: “Vierzehnheiligen”, Assemblage, 2021  (Amethyst -Druse,  –Kette und  –Rosenkranz, brauner Eisensandstein = das Baumaterial der Wallfahrtskirche Vierzehnheiligen, auf einem Foto der Kirche)    


Jürgen Schwalm 

Vierzehnheiligen 

I.

Tante Agnes pilgert nach Vierzehnheiligen zu den Nothelfern. Sie denkt halt, was der eine Heilige nicht kann, schafft dann vielleicht der andere, und wenn es die Männer nicht richten, besorgen’s halt die drei heiligen Madl: die Barbara, die Margaret und die Katharina. Vor allen Heiligen rollt Tante Agnes den Teppich ihres Lebens aus und weist auf die Schicksalsschläge hin, die ihn besudelt  und die Ornamente beschädigt haben, die ihre Erinnerungen darauf hinterließen. Sie hat sich fest vorgenommen, den Teppich in Vierzehnheiligen der Reinigung anzuvertrauen, die ihm die katholische Kirche gewiss durch die Absolution erteilen wird.

II.

Der vierjährige Peter fährt mit Oma und Mutter nach Vierzehnheiligen und will dort gar nichts. Aber weil ihn seine Blase nach der langen Reise drückt, fragt er plötzlich: „Hat der liebe Gott ein Klo?“ – „Ich weiß es nicht“, sagt Mutter. Peter lässt nicht nach: „Aber was macht der liebe Gott, wenn er mal muss?“- Oma schaltet sich ein: „Der muss nicht. Der verdrückt es.“ – Peter denkt an seine eigene Befindlichkeit und meint: „Schließlich geht es doch in die Hose.“ – Oma behält das letzte Wort: „Dann regnet’s!“

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen