Freitag, 6. Dezember 2024

S.P.Q.L.

Das Lübecker Holstentor. Stahlstich (um  1850) von Johann Gabriel Friedrich Poppel (1807-1882) nach einer Zeichnung von Georg Michael Kurz (1815-1883), der seit 1845 Mitarbeiter von Poppel in München war. Das Bild entstand in jedem Fall noch vor den Jahren 1853/1854, weil dann die alte steilgebuckelte Holstenbrücke aus dem Jahre 1516 abgerissen und durch eine flachere Brücke ersetzt wurde.-Sammlung und Foto: Jürgen Schwalm

 

Die lateinischen Buchstaben SPQL (Senatus Populusque Lubecensis = Senat und Volk von Lübeck), die seit 1871 am Lübecker Holstentor angebracht sind, wurden von Anfang an spöttisch, kritisch oder witzig ausgelegt und umgedeutet. Manche Nicht-Hanseaten fanden die Initialen sogar anmaßend und arrogant, hatten die Lübecker sie doch von den Römern geklaut (SPQR = Senatus Pupulusque Romanum) und das R einfach durch ein L ersetzt. - Auch die antike römische Version SPQR ( Senatus Populusque Romanorum) wurde von jeher persifliert, zuletzt durch Comics wie „Asterix und Obelix“: Sono Pazzi Questi Romani (Diese Römer sind Verrückte), Sono Porchi Questi Romani (Diese Römer sind Schweine), aber auch: Sono Potenti Questi Romani. - Gegen die katholische Kirche ausgerichtet war die lateinische Umdeutung: Stultus Populus Quaerit Romam (Nur die Törichten fragen nach Rom). - Papst Johannes XXIII wurde einmal in einem Interview gefragt, warum die Buchstaben SPQR auf dem römischen Wappen stehen. Der Papst sagte: „Ihr müsst die Buchstaben rückwärts lesen und ergänzen, dann wisst ihr es.“ Er sah in ratlose Gesichter. „Nun“, meinte der Papst, „manchmal ist es doch vorteilhaft, die lateinische Sprache zu beherrschen: R Q P S heißt Rideo Quia Papa Sum (Ich lache, weil ich Papst bin.“ - Zurück zu SPQL. In seinem immer noch sehr lesenswerten Roman „Die Großvaterstadt“ erzählt der Schriftsteller Ludwig Ewers (1870-1946) vom Senator und Leiter des Lübecker Polizeiamtes Heinrich Gustav Plitt (1817-1879), dieser sei eigentlich ein ganz netter Mann gewesen, aber wegen der Verfügungen, die er als oberster Ordnungshüter erlassen musste, bei den Lübeckern dennoch nicht beliebt gewesen. Fragte man also damals: „Was bedeuten die Buchstaben SPQL?“, konnte man oft die Antwort hören: „Senator Plitt Quält Lübeck“. Daraus wurde vor einigen Jahren in einem Leserbrief an die Lübeckischen Blätter: „Schlechtes Pflaster Quält Lübeck.“

Jürgen Schwalm

 

 

 

 

 

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen