(Zitate aus Rezitations-Veranstaltungen)
Jürgen Schwalm: Anna Blume (Collage, 2012).
Zum 125. Geburtstag
des MERZ-Künstlers Kurt Schwitters
(geb.
20.6.1887 in Hannover, gest. 8.1.1948 in Kendal)
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Nichts wäre lächerlicher, als eine revolutionäre
Kunstrichtung wie DADA, die alle Werte in Frage stellte, mit wissenschaftlichen
Methoden analysieren zu wollen. MERZ, Schwitters mochte es drehen und wenden
wie er wollte, war der Bruder von DADA, und gerade deswegen haben sie so viel
miteinander herumgestritten. Eifersucht ist eine Leidenschaft, die mit Eifer
sucht, was Leiden schafft….Als die in den Augen der jungen Generation festgefahrenen,
überlebten, zum Tode verurteilten Wertbegriffe durch den Ersten Weltkrieg in
Frage gestellt und zerschlagen worden waren, legten die Dadaisten, die bei der
Entrümpelung keine Gnade kennen wollten, zusätzlich noch ihre eigenen ganz
unterschiedlichen Tretminen aus und freuten sich, wenn Mitglieder der geistigen
Prominenz dort hineintappten. In weniger aufregenden Fällen hatten diese dann
Dreck am Hacken kleben, schlimmstenfalls hatten sie sich selbst in die Luft
gesprengt. Fällt die Welt auch in Scherben, DADA siegt, das war die Parole,
wenn auch dieser Sieg nicht länger als eine Dekade dauerte. Schwitters’ MERZ
(März) hielt sich dagegen viel länger frisch, ätsch!
Was ist DADA? Fragen Sie mich bloß
nicht. Die Dadaisten wollten sich ja selbst nicht festlegen. Auf dem Höhepunkt
der Revolution, 1919, fragte Richard Huelsenbeck: „Was ist DADA? Eine Kunst?
Eine Philosophie? Eine Politik? Eine Feuerversicherung? Oder. Staatsreligion?
Ist DADA wirkliche Energie? Oder ist es gar nichts, das heißt ALLES?“
Ein hübsches Sammelsurium.
Schwitters, der Meister der Collagen in Wort, Bild und Architektur, hat die
Frage auf seine Weise beantwortet: AUS NICHTS WIRD ALLES. Man muss die Reste
nur richtig verwerten können. Mit dem Kaputtmachen allein ist es nicht getan.
Auch bei Schwitters, diesem alten Zerschnipsler, schlug ein Oberlehrer durch,
erhielt die Kunst eben doch einen Auftrag. Ich werde erbaut, sang der Dichter
und lächelte und weinte zugleich. Alle Dinge sind viel ernster als sie sich
anfassen. Ich bin der liebe Gott und erschaffe mir aus den Trümmern eine neue
Welt. Die neue Welt musste natürlich einen Namen bekommen. Aber warum
ausgerechnet MERZ? Lassen Sie mich das mal mit eigenen Worten erklären:
Eines Tages, 1919 war’s, erhielt
Kurt Schwitters einen Brief von der Commerzbank. Er dachte erst, er würde zum
Kommers geladen, aber es war leider das Geldinstitut. Er dachte: Komm, komm,
komm, ich verhielt mich doch immer comme il faut, aber es war März und er
brauchte nicht zu raten, es ging um die Raten, und er hatte wieder mal nur noch
einen Knopf im Portemonnaie für den Klingelbeutel. Er sprach: Kunst und Kommerz
verträgt sich nicht, und er nahm den COMMERZ und zerriss ihn inmitten, da hatte
er in einer Hand das COM und in der anderen den MERZ, nur waren beide Teile
falsch geschrieben. Er aber rief: „Was kümmert’s mich, du dummer Duden du!“ Und
er sang: „Komm, lieber MERZ (März), und mache die Bäume wieder Mai!“ Ei- ai, ei
-da, da-da war die MERZ-Kunst geboren!
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