Samstag, 19. Mai 2018

Angewandte Archäologie

Jürgen Schwalm: “Nachrichten vom Thalamus”, Collage, 2017


Jürgen Schwalm: Archaische Träume, Inventionen, 1980

Angewandte Archäologie

Die Ausdrücke der Medizin sind nicht ohne Poesie; so erhält auch die blutigste Wissenschaft ihre Zierschleife. Hört ein Archäologe das Wort Thalamos, ersteht vor seinem inneren Auge ein antikes Schlafgemach, in dem sich auf erhöhtem Lager ein Hochzeitspaar unter Lustschreien vereinigt. Da möchte er sogleich zu einem Schliemann werden, mit dem Archäologenspaten den Schutt der Jahrhunderte abtragen und mit indiskreter Hand die Bettgardine anheben. Für mich als Mediziner steckt der Thalamos nicht nur im klassischen Altertum sondern auch in meinem Zwischenhirn, und in meinen archaischen Träumen grabe ich immer wieder gerne bei meinen Sehhügeln nach, um die Schleifenbahnen der Empfindungen freizulegen und darauf spazieren zu gehen.



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