Jürgen Schwalm: “Nachrichten vom Thalamus”, Collage, 2017 |
Jürgen Schwalm: Archaische Träume, Inventionen, 1980
Angewandte Archäologie
Die
Ausdrücke der Medizin sind nicht ohne Poesie; so erhält auch die blutigste
Wissenschaft ihre Zierschleife. Hört ein Archäologe das Wort Thalamos, ersteht
vor seinem inneren Auge ein antikes Schlafgemach, in dem sich auf erhöhtem
Lager ein Hochzeitspaar unter Lustschreien vereinigt. Da möchte er sogleich zu
einem Schliemann werden, mit dem Archäologenspaten den Schutt der Jahrhunderte
abtragen und mit indiskreter Hand die Bettgardine anheben. Für mich als
Mediziner steckt der Thalamos nicht nur im klassischen Altertum sondern auch in
meinem Zwischenhirn, und in meinen archaischen Träumen grabe ich immer wieder
gerne bei meinen Sehhügeln nach, um die Schleifenbahnen der Empfindungen
freizulegen und darauf spazieren zu gehen.
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