Noch in diesem Jahr wird der neue Prosa-Band von Jürgen Schwalm erscheinen: „Wort und Bild und Kunst und Leben“. – Es folgt eine Leseprobe aus dem Artikel: „Kitsch in der Literatur“.
…Das Thema der künstlichen Insemination wurde schon 1911 in die Literatur eingeführt. Eine Dirne wird mit dem letzten Samen eines guillotinierten Mörders befruchtet. Das merkwürdige Produkt dieser Zeugung beschrieb Hanns Heinz Ewers in seinem Roman „Alraune“.
Na, meine Damen und Herren, haben Sie diesen Roman auch in Ihrer Jugend ganz insgeheim verschlungen? Meine Eltern besaßen das köstliche Buch. Sie hatten es im Bücherschrank in die zweite Reihe verbannt, wo wir Kinder es natürlich erst recht fanden. Ich kapierte noch nichts. Aber meine älteste Schwester flüsterte meiner zweitältesten Schwester ins Ohr: „Den darfste nur unter der Bettdecke lesen. Der liest sich wie gemopste Schokolade!“
Alle Ingredienzien des Romans „Alraune“ wurden schnell auch im Kintopp verrührt.
Zweimal spielte Brigitte Helm das attraktive, aber durch seine obskure Herkunft psychisch vermurkste Geschöpf.
Jahrzehnte später durfte dann Hildegard Knef als Alraune das „Lied vom einsamen Mädchen“ raunen:
Sie herzte sanft ihr Spielzeug,
bevor sie es zerbrach,
und hatte eine Sehnsucht
und wusste nicht wonach.
Weil sie einsam war
und so blond ihr Haar
und ihr Mund so rot wie Wein.
Ach, keine konnt so küssen
und doch so einsam sein.
Originalton Hanns Heinz Ewers in „Alraune“:
„Küss mich“, flehte er. „Küss mich.“- Er trank ihre Küsse, zog das heiße Blut ihrer Lippen, die ihre Zähne zerrissen. Und er berauschte sich, wissend und mit Willen, wie an schäumendem Wein, wie an seinen Giften vom Osten…Da drängten sich ihre Locken noch enger um seine Stirn, fielen ihre Küsse wilder noch und heißer. Nun lagen zertreten des Tages klare Gedanken. Nun wuchsen die Träume, schwoll des Blutes rotes Meer. Nun schwangen Mänaden die Thyrsosstäbe, schäumte des Dionysos heiliger Rausch… Dann aber schlugen die Lohen, brannten himmelhoch die heißen lodernden Flammen. Flogen die Fackelbrände, zündeten die Altäre, wie mit blutigen Lefzen der Wolf durch das Heiligtum sprang. Sie umschlang ihn, presste sich eng an seine Brust,. „Ich brenne“, jauchzte sie, „ich verbrenne“. Da riss er ihr die Kleider vom Leibe…
Halten wir ein in diesem wonnigen Augenblick. Blenden wir den Film ab, damit der erläuternde Nachspann folgen kann. Denn der Kitschproduzent dreht ja stets über den Schluss hinaus. Er findet nie ein End, auch nicht im Happyend…
…Das Thema der künstlichen Insemination wurde schon 1911 in die Literatur eingeführt. Eine Dirne wird mit dem letzten Samen eines guillotinierten Mörders befruchtet. Das merkwürdige Produkt dieser Zeugung beschrieb Hanns Heinz Ewers in seinem Roman „Alraune“.
Na, meine Damen und Herren, haben Sie diesen Roman auch in Ihrer Jugend ganz insgeheim verschlungen? Meine Eltern besaßen das köstliche Buch. Sie hatten es im Bücherschrank in die zweite Reihe verbannt, wo wir Kinder es natürlich erst recht fanden. Ich kapierte noch nichts. Aber meine älteste Schwester flüsterte meiner zweitältesten Schwester ins Ohr: „Den darfste nur unter der Bettdecke lesen. Der liest sich wie gemopste Schokolade!“
Alle Ingredienzien des Romans „Alraune“ wurden schnell auch im Kintopp verrührt.
Zweimal spielte Brigitte Helm das attraktive, aber durch seine obskure Herkunft psychisch vermurkste Geschöpf.
Jahrzehnte später durfte dann Hildegard Knef als Alraune das „Lied vom einsamen Mädchen“ raunen:
Sie herzte sanft ihr Spielzeug,
bevor sie es zerbrach,
und hatte eine Sehnsucht
und wusste nicht wonach.
Weil sie einsam war
und so blond ihr Haar
und ihr Mund so rot wie Wein.
Ach, keine konnt so küssen
und doch so einsam sein.
Originalton Hanns Heinz Ewers in „Alraune“:
„Küss mich“, flehte er. „Küss mich.“- Er trank ihre Küsse, zog das heiße Blut ihrer Lippen, die ihre Zähne zerrissen. Und er berauschte sich, wissend und mit Willen, wie an schäumendem Wein, wie an seinen Giften vom Osten…Da drängten sich ihre Locken noch enger um seine Stirn, fielen ihre Küsse wilder noch und heißer. Nun lagen zertreten des Tages klare Gedanken. Nun wuchsen die Träume, schwoll des Blutes rotes Meer. Nun schwangen Mänaden die Thyrsosstäbe, schäumte des Dionysos heiliger Rausch… Dann aber schlugen die Lohen, brannten himmelhoch die heißen lodernden Flammen. Flogen die Fackelbrände, zündeten die Altäre, wie mit blutigen Lefzen der Wolf durch das Heiligtum sprang. Sie umschlang ihn, presste sich eng an seine Brust,. „Ich brenne“, jauchzte sie, „ich verbrenne“. Da riss er ihr die Kleider vom Leibe…
Halten wir ein in diesem wonnigen Augenblick. Blenden wir den Film ab, damit der erläuternde Nachspann folgen kann. Denn der Kitschproduzent dreht ja stets über den Schluss hinaus. Er findet nie ein End, auch nicht im Happyend…
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