„Wer seine Schuhe pflegt und ehrt, dem sind die Füße lieb und wert“ (Zitat aus den verlegten Schriften von Hans Sachs), Assemblage von Jürgen Schwalm, 2022 |
Soeben erschien im Husum Verlag die Anthologie Lyrik im Schloss, herausgegeben von Therese Chromik (Edition Euterpe), 95 Seiten, 8,00 €, ISBN 978-3-96717-084-9, mit drei heiteren Gedichten von Jürgen Schwalm: Klabautermann, Eine Moritat, Die Meisterprüfung in der Zauberkunst.
Jürgen Schwalm
Eine Moritat
Als Tante Flora
nach Sommerrosen duftend
an einem kalten Winterabend
über glitzerndes Eis durch den Stadtpark trippelte,
überfielen sie wütende Krähen.
Ein kläffender Köter
fand am Morgen
bei einer kahlen Rosenhecke
hinter der Ecke
nur noch Tantchens Perücke,
ihre Brosche
und eine Galosche.
Die Polizei war ratlos,
und selbst Hitchcock hatte keine Lösung parat.
Erst viele Monate später,
als der warme Sommerwind durch den Stadtpark strich,
fiel der Rosenhecke
hinter der Ecke
der Hergang des Verbrechens
plötzlich in die Blüten,
doch der Duft
verlor sich sofort in der Luft.
Die Krähen hatten ohnehin beraten,
ihr Geheimnis nie zu verraten.
Und wie alle Relikte ungesühnter Taten
verschloss man bei den Asservaten
Tantchens Brosche,
die Perücke und auch die Galosche.
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