Jürgen Schwalm: “Die Memoiren der Rose”, Fotostudie, 2017 |
Jürgen
Schwalm
Der
französische Park im Barock
Französische
Gartenanlagen boten das Wege-Parkett für geschliffene Dialoge; die verzwickten
Labyrinthe waren für infame Intrigen und spitze Duelle geeignet; die
geometrischen Muster der Beete für diplomatische Schachzüge, die gestutzten
Boskette für das höfische Protokoll.
Rauschende
Fontänen waren eifrige Plaudertaschen, jede Konversation wurde an die andere
verraten. Dieser Landschaft, wo die Natur parfümiert wurde und die
Künstlichkeit triumphierte, blieben keine menschlichen Laster erspart, obgleich
(oder weil?) so viele Götterbilder aus den Kulissen schielten. Unter dem
Goldflitter der Sonne und dem Silberlametta des Mondes, die den Etat, dem
Himmel sei Dank, nicht belasteten, parodierte der Park die Welt des Monarchen,
der unter seinen Laubkronen immer ernst blieb und noch nicht einmal zu bemerken
vorgab, dass er auf diesem Heckentheater die Hauptrolle spielte. Denn wer über
sich lacht, stellt sich selbst in Frage. Erst viele Jahresringe später sprengte
die französische Flora ihre aristokratischen Fesseln in einer gewaltigen
botanischen Revolution. Danach war sie wieder tugendhaft. Sie wuchs zu einem
neuen Park zusammen – jetzt allerdings zu einem englischen.
(aus
Therese Chromik und Bodo Heimann: Poetische Gärten, Husum 2008)
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