Jürgen Schwalm: “Lübeck – Marienkirche und Dom”, Hinterglasmalerei, 2019 |
Nachruf für meine Frau
Am
ersten Vorfrühlingssonnentag habe ich heute vorm Tor der Hoffnung (mit der
Inschrift:…Den Mitmenschen Freude zu machen ist doch das Beste)
auf der weißen Parkbank gesessen, auf der auch du dich so gerne ausgeruht hast,
bevor du mich verlassen musstest. Hinter mir schwatzten die Spatzen in der noch
winterkahlen Hecke. Ein kleiner Hund entwischte einer Spaziergängerin und
bemühte sich vergeblich, mir auf dem Schoß zu springen. Ich streichelte seinen
Kopf. Mein Gesicht badete im Licht. Ich blinzelte über die beschnittenen Rosen
der Rabatten und den flirrenden Strom der Wakenitz zu den Doppeltürmen der
Marienkirche, die dabei waren, den Morgendunst abzustreifen.
Wie
oft hast auch du dich auf unserer Sonnenbank an den Bildeindrücken erfreut, die
im Laufe der Tages- und Jahreszeiten wechselten. Heute habe ich für dich den
Ausblick genossen und wünschte mir, du hättest mit deinen Augen sehen können,
was ich sah. Ich möchte dir immer schenken, was ich sehe. Ich möchte dir da, wo
du nun bist, eine neue Bilderwelt einrichten; ich möchte dir mit den Farben,
die ich genieße und die auch du so liebtest, wieder eine Heimat geben. Dafür
zahle ich gerne den hohen Preis. Denn zukünftig wird jeder Glückseindruck, der
mir zuteil wird, mit einer tiefen Traurigkeit verbunden sein, weil ich dabei an
dich denke.
Lübeck,
am 14. Februar 2019
Jürgen Schwalm
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