Samstag, 2. Januar 2021

Notizen zur Stadt- und Kulturgeschichte Lübecks


 

 

 

 

 

Das Scheibenkreuz in der Lübecker Roeckstraße.

Die Darstellung der drei Hostien im Zentrum des

Kreuzes und die Löcher am Kreuzarm wurden

durch schwarze Tusche verdeutlicht.

Fotos: Jürgen Schwalm, 2020










Notizen zur Stadt-und Kulturgeschichte Lübecks

Aus:
Hundert Ausflüge in Lübeck’s Umgegend nebst Führer durch die Stadt Lübeck
Dritte verbesserte und durchgesehene Auflage
Verlag von Edmund Schmersahl Nachf. (Rich. Brunn) Lübeck 1899


3. Route. Neu-Lauerhof – Wesloe –Schlutup – Dassow
Vom Burgthore in Lübeck geht man rechts durch die Anlagen zur Roeckstraße, einer mit schattigen Linden bestandenen, von gartenumgebenden Villen eingefassten Allee. Eine Linie der elektrischen Straßenbahn durchzieht dieselbe. 

Rechts von der Straße steht ein 2,15 m hohes steinernes Kreuz [Scheibenkreuz, Wegweiser nach Wilsnack], dessen Flügel durch einen radförmigen Ring miteinander verbunden sind. Das Postament hat 4 Reihen Mönchsschrift, von der man nur in der ersten Reihe die Worte: Biddet Gott vor…hat herausbringen können.[Die Inschrift lautet richtig: biddet got vor den ghever des wisers na der wilsnakk] In der Mitte stehen drei sich berührende Kreise mit je einem Kleeblatt.[Die Kreise bedeuten drei Oblaten = Hostien und formieren das Pilgerzeichen, das noch heute in Wilsnack erworben werden kann]. Am Ende des linken Kreuzflügels sind drei im Dreieck stehende kleine runde Vertiefungen. [Dort waren Bolzen eingedübelt, die eine richtungsweisende Hand hielten.]
Nach Melle hat der Lübeckische Bürger Johann von der Heyde [der wohl identisch ist mit dem gleichnamigen Ratsherren] nach seiner im Jahre 1436 gemachten testamentarischen Anordnung das Kreuz für diejenigen Pilger setzen lassen, welche eine Wallfahrt nach Wilsnack zum heiligen Blut anstellen würden. [Wilsnack im Landkreis Prignitz im Nordwesten Brandenburgs mit der Wunderblutkirche St. Nikolai war nach 1383 durch die Blutwunder-Hostien einer der bedeutendsten Wallfahrtsorte Nordeuropas.]  – Die Sage weiß aber, dass von zwei reisenden Kaufgesellen der eine den anderen hier aus Unvorsichtigkeit erschoss. Dem Todten setzten die Freunde dies Kreuz, der andere ward aber als Gefangener nach dem Absalonsthurm beim Hüxterthor gebracht. Der Gefangene [Hans Klever] bat, seine Unschuld durch einige wunderbare Schüsse beweisen zu dürfen, und da hat er mit Zulassung des Rates vom Hüxterdamm aus in den linken Arm des Kreuzes 3 Kugeln geschossen, die ein Kleeblatt bilden; er ward begnadigt. [Daher auch die Bezeichnung Kleverschusskreuz; s. Ernst Deecke: Lübische Geschichten und Sagen Nr. 140: Der Kleverschuss].

Anmerkungen in eckigen Klammern: Jürgen Schwalm

 

 

 

 

 

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