Freitag, 10. Dezember 2021

Das Ei des Kolumbus


 

Spricht man vom Ei des Kolumbus meint man eine verblüffend einfache Lösung für ein unlösbar scheinendes Problem. Die Geschichte dazu ist folgende: Christoph Kolumbus wurde nach seiner Rückkehr aus Amerika während eines Essens bei Kardinal Mendoza 1493 vorgehalten, es sei ein Leichtes gewesen, die „Neue Welt“ zu entdecken; dies hätte schließlich auch jeder andere schaffen können. Daraufhin verlangte Kolumbus von den anwesenden Personen, ein „gekochtes Ei auf der Spitze aufzustellen“. Trotz vieler Versuche gelang es keinem, die Aufgabe zu erfüllen. Man war schließlich davon überzeugt, dass es sich um eine unlösbare Aufgabe handelt, und Kolumbus wurde aufgefordert, es selbst zu probieren. Dieser schlug das Ei mit der Spitze auf den Tisch, so dass diese leicht eingedrückt wurde und das Ei stehen blieb. Als die Anwesenden protestierten, dass sie das auch gekonnt hätten, antwortete Kolumbus; „Der Unterschied ist, meine Herren, dass Sie es hätten tun können, ich hingegen habe es getan.“

Die Anekdote wird in den Reiseberichten über die Entdeckung Amerikas von Theodor de Bry (geb. 1528 in Lüttich, gest. 1598 in Frankfurt am Main) wiedergegeben (im 5. Kapitel des 4. Buches); daraus stammt auch der Kupferstich oben (Foto: Jürgen Schwalm).

Eine schöne Geschichte vom Ei des Kolumbus erzählte Anton Kippenberg (1874 -1950), der von 1905 bis zu seinem Tod den Insel-Verlag leitete, in seinem 1936 erschienenen Erinnerungsband „Geschichten aus einer alten Hansestadt = Bremen“.- Mein Vater Hans Schwalm, der aus Bremen stammte, hat sie mir oft vorgetragen; ich gebe sie hier mit seinen Worten wieder:

Dor wär mol ’n Koptein, de heet Klumbumbus, un de kunn Eier ston loten. Eens Dags sä de König von Sponien to em: „Du, Klumbumbus, go mol hen un entdeck mi mol Amerika“.- „Dat will ick woll doon“, sä Klumbumbus, „denn must du mi ober dree Schippe gewen.“ – De gääf em de König, un dor seilte Klumbumbus los. No Stucke sess Weeken sä’n de Schippslüe to Klumbumbus: „Sünd wi denn ümmer noch nich in Amerika?“ – „Nee“, sä Klumbumbus, „dat Ei steit noch nicht.“ – No acht Dägen keemen se wedder: „Wi hefft nu keen Lust mehr; wo lang schall dat noch duern, dat wi in Amerika sünd?“- „Tööft man noch’ beten, dat Ei steit ümmer noch nicht“, sä Klumbumbus. Up eenmal reep de Schippsjung van boben uut den Mars: „Land! Land!“ - Dschä“, sä Klumbumbus, „nu steit dat Ei ook! “ -  Un als se an Land gungen, dor keemen vele Minschen anlopen, un Klumbumbus frog se: „Is dat hier Amerika?“ – „Dschawoll“, sä’n se.- „Denn sünd dschi woll Amerikoners?“ -  „Dscho, wi sünd Amerikoners. Un denn büst du woll Klumbumbus?“ – „Dat bün ick“, sä Klumbumbus.- Dor keken sich de Amerikoners an un sä’n to’nanner: „Dann helpt dat nich, denn sünd wi entdeckt.“

Jürgen Schwalm

 

 

 

 

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