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(Foto: Gisela Heese) |
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Ulrikes Lieblings-Puppe, Foto: Jürgen Schwalm |
Jürgen Schwalm
Wenn mein Kind tanzt
in Trauer versunken,
weinen die Sterne:
Tränen fürs Knopfloch der Träume
über dem Herzen der Märchen.
(Dieses Gedicht schrieb ich 1966, nachdem ich meine damals fünfjährige Tochter
beobachtet hatte, wie sie ganz für sich nach einer nur für sie hörbaren Melodie weinend tanzte.)
Jürgen Schwalm
Winter-Lied
Dieser starre Zweig
und seine weiße Last.
Du kamst zurück,
mein liebster Morgenbote,
noch ohne Schwingen,
streiftest meinen Schnee ab,
schütteltest mein Gefieder.
Geh nicht wieder fort.
Ich schenk dir Flügel
mit meiner Stimme.
„Die Nächte des Orients“ widmete Schack meiner Ururgroßtante Hedwig Dragendorff (1807 – 1896) mit einem langen Eingangsgedicht. Hedwig Dragendorff war Gesellschafterin und Erzieherin im Elternhaus des jungen Adolf von Schack gewesen und blieb ihm zeitlebens freundschaftlich verbunden. Sowohl Hedwig Dragendorff als auch Schack schrieben und publizierten Erinnerungen, in denen sie -fast gleichlautend- ihrer gegenseitigen Zuneigung Ausdruck verliehen (s. hierzu: Jürgen Schwalm, Hedwig und Franziska Dragendorff, Lebensbilder aus dem 19. Jahrhundert, Seemann, 2022)
Soeben erschien, herausgegeben von Seemann Publishing Mazarron, der Almanach deutschsprachiger Schriftsteller-Ärzte 2025, 48. Jahrgang, in dem Beiträge von 29 Autorinnen und Autoren stehen. Jürgen Schwalm publizierte darin frühe Erinnerungen unter dem Titel Rückblenden:
Motto:
Das Kind fragt nicht nach dem Wert und dem Unwert der Dinge. Es spielt mit Glasscherben wie mit Edelsteinen. Es sieht in allem ein Geheimnis, ein Abenteuer, ein Versprechen. Es hält sich für unsterblich, es glaubt nicht an Kreuz und Tod. Es verachtet die Vernunft und die Realität und könnte deswegen den Erwachsenen zeigen, wie man überlebt.
Genealogisches Vorspiel – Ur-Stier und flüchtender Hirsch
Karl Ernst von Baer hatte 1828 als erster darauf hingewiesen, dass die Larven oder Embryos zweier unterschiedlicher Arten einander stärker ähneln als die erwachsenen Exemplare dieser Arten. Nach ähnlichen Beobachtungen formulierte Ernst Haeckel 1866 die vieldiskutierte biogenetische Grundregel: Die Ontogenese rekapituliert die Phylogenese. Damit wird - weniger gelehrt formuliert – behauptet, dass auch der Mensch während des Wachstums im Unterleib die evolutionäre Entwicklung vom Ei über den Kiemenatmer wiederholt. In diesem Zusammenhang wird oft die Kiemenspaltenphase erwähnt, die der menschliche Embryo durchläuft. Die biogenetische Regel wurde später erweitert durch die Ansicht, dass Kinder im Laufe ihrer Sozialisation Stadien der kulturellen Entwicklung des Menschen absolvieren… Mit dem Geburtsvorgang wiederholt sich der Schöpfungsakt…
Vor der Geburt
als ich die Höhle fand
gejagt
knochenbleich im ungegerbten Fell
das Steinbeil im Fleisch schweißnass
als ich den Spalt fand
Bei der Geburt
als ich gepresst wurde
und die Eihaut schlitzte
Nach der Geburt
als ich in der Felsenflucht den Blitz sah
mit Blut malte
die Fingersprache
mit scharfen Nägeln
in die Wände ritzte
Bannsprüche und Zauberzeichen
in die Nacht schleuderte
kienrußige Bilder
ins Flackerlicht rückte:
den Ur-Stier und den flüchtenden Hirsch…