Freitag, 13. Mai 2022

Notizen zur Stadt- und Kulturgeschichte Lübecks V

Isaac Francois Egmont Comte de Chasot (1716-1797), Stadtkommandant von Lübeck ab 1759, erwarb von der Familie Brömbse den „Ackerhof“ an der Wakenitz und baute das insgesamt 13 Hektar große Anwesen zu einem Gut mit Gärten, Obstplantagen, Fischteichen und sogar für die Seidenraupenzucht aus, das er nach Schloss Marly-le-Roi „Marli“ nannte und das zur Keimzelle des Lübecker Stadtbezirkes Marli wurde. Das ehemalige Verwaltergebäude stand noch im 19.Jh. an der Ecke Marlistraße /v.Hövelnstraße. Alle Gebäude und Anlagen des Gutes Marli wurden beim Ausbau des Stadtbezirkes abgerissen. Auf dem Lübecker Stadtplan von 1872 ( Fotokopie Stadtarchiv Lübeck) sind noch Teile des Anwesens eingezeichnet. Weitere Dokumente, das Gut Marli betreffend, befinden sich nicht mehr im Stadtarchiv.   


 

Notizen zur Stadt- und Kulturgeschichte Lübecks V

Aus:

Hundert Ausflüge in Lübeck’s Umgegend nebst Führer durch die Stadt Lübeck
Dritte verbesserte und durchgesehene Auflage
Verlag von Edmund Schmersahl Nachf. (Rich. Brunn) Lübeck 1899

 

4. Route. Marli –Brandenbaum – Palingen – Schönberg

Vor dem Burgthore biegt man rechts in die Roeckstraße ein. Bei der Straßengabelung am Ende der Straße wendet man sich rechts. Nach 2 km geht der Weg nach dem Hofe Marli ab. Von der Straße hat man stets prächtige Aussicht über die Wakenitz hin auf Lübeck.

Man übersieht hier die ganze Angriffslinie, in welcher die Franzosen am 6. November 1806 den Kampf mit Blücher in Lübeck aufnahmen. Blücher hatte nach der unglücklichen Schlacht bei Jena und Auerstädt (14. Oktober 1806) sein Heer durch Mecklenburg geführt und auf diesem Rückzuge die Franzosen 21 Tage lang unter fortwährendem Plänkeln auf den Fersen gehabt, wodurch ihm in wenig Tagen 5000 Mann, darunter viele durch Hunger und Erschöpfung, verloren gingen. Der Plan einer Rückwärtsbewegung über die Elbe ward daher aufgegeben und hinter den alten Lübecker Festungswerken ein Ruhe- und Erholungsplatz für die erschöpfte, noch 21000 starke Mannschaft gesucht. Am 5. November Nachmittags sprengte Blüchers Avantgarde durch das gewaltsam geöffnete Thor in die Stadt; die drei Bataillone des Herzogs [Friedrich Wilhelm] von Braunschweig-Oels [geb. 1771, gefallen 1815 in der Schlacht von Quatre-Bras] und die leichte Brigade des Generals Oswald waren zur Deckung des Burgthores aufgestellt. Blücher hat sein Hauptquartier am Kaufberg im Heiligen.Geist-Hospital aufgeschlagen, Reiter und Fußvolk füllten den Markt. Die Franzosen rückten am 6. November vor die Stadt. Sehen, Recognosciren und Angreifen war Eins. [Jean-Baptiste] Bernadotte [1763-1844] stürmte das Burgthor, [Nicolas Jean-de-Dieu] Soult [1769-1851] das Mühlenthor, [Joachim] Murat [1767-1815] das Hüxterthor. Mehrere Stunden wütete das Gefecht mit mörderischer Heftigkeit, und nachdem Blücher an der Spitze etlicher Husaren-Schwadronen aus dem Mühlenthor hervorgebrochen, die dort herandrängenden feindlichen Reitermassen blutig zurückgeworfen hatte, wurden sämtliche drei bestürmte Thore bis 1 Uhr Mittags gehalten.

(der Bericht wird fortgesetzt)

Anmerkungen in eckigen Klammern: Jürgen Schwalm

 

 

 

 

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