Freitag, 20. Mai 2022

Notizen zur Stadt- und Kulturgeschichte Lübecks VI


 
Die Schlacht am Lübecker Burgtor 1806 in einer zeitgenössischen Zeichnung, reproduziert in Johannes Klöcking: 800 Jahre Lübeck, Lübeck 1950, und auf einer Reliefplatte von Walther Jahn (1903-1965) am östlichen Durchgang des Lübecker Burgtores, Foto: Jürgen Schwalm

 

Notizen zur Stadt- und Kulturgeschichte Lübecks VI 

Aus:
Hundert Ausflüge in Lübeck*s Umgegend nebst Führer durch die Stadt Lübeck
Dritte verbesserte und durchgesehene Auflage
Verlag von Edmund Schmersahl Nachf. (Rich. Brunn) Lübeck 1899
4. Route Marli - Brandenbaum - Palingen - Schönberg


(Fortsetzung des Berichtes der Schlacht um Lübeck 1806)

… Zu dieser Zeit wateten französische Scharfschützen am Ufer der Wakenitz entlang, drangen in der Gegend vom Tivoli-Theater in die Stadt und nahmen die Preußen im Rücken, während die von Außen her Angreifenden sich des Thores bemächtigten. Der Herzog von Braunschweig-Oels sah sich genötigt, seine übermächtig gedrängte Infanterie durch das Burgthor zurückzuziehen und der Feind ging rasch nach, fuhr Geschütze unter der Thorwölbung auf und kartätschte. In die Straße hinein. Das furchtbare Wirrsal eines Stadtgassengefechtes hebt an. Blücher stürzt in den Sattel, sprengt rasend auf den Marktplatz, setzt sich an die Spitze der dort aufgestellten Reserve, führt sie auf die Breite Straße, dringt bis auf den Kaufberg und wirft Alles über den Haufen, was er vor sich findet. Auch die Burgstraße wird durch den Blücherschen Stoß  und das wohlgezielte Feuer der York’schen Jäger wieder von den Eindringlingen gesäubert. Gleich darauf wird York [Ludwig Yorck von Wartenburg, 1759-1830] selber lebensgefährlich verwundet, Scharnhorst [Gerhard Johann David Scharnhorst, 1755-1813] auf dem Markt gefangen. Der Feind dringt in alle bestürmten Thore, bedroht auch die einzigste Rückzugslinie durch das Holstenthor. Es war aus. Blücher schlug sich durch über Schwartau bis Ratekau, wo er im Pastorat abstieg. Am 7. November hatte er nur noch 6000 übermüde abgerissene Soldaten ohne Proviant und Schießbedarf und für die hinfälligen Pferde kein Futter. In dieser Lage, bedrängt von 36000 Franzosen nahm Blücher die abermals von Bernadotte angebotene Kapitulation mit der Bedingung an, dass die Preußen mit allen Kriegsehren die Waffen niederlegen und sich gefangen geben, ihr Privateigentum aber behalten sollten. Blücher bestand darauf, in der Kapitulationsurkunde seiner Namensunterschrift die Worte hinzuzufügen: „Ich kapithullire, weill ich kein brot und keine Muhnition nicht mehr habe.“ (Scherr: „Blücher, seine Zeit und sein Leben“, Asmus: „Grundlinien der Lübischen Geschichte“).

(Ergänzungen in eckigen Klammern: Jürgen Schwalm)

 

 

 

 

 

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