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Jürgen Schwalm: “Karte von Utopia”, Hinterglasmalerei, 2013 |
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Jürgen Schwalm:”Kopflos, aber behütet”, Collage, 2020 |
Soeben erschien im hansischen Verlagskontor Lübeck DER WAGEN 2020/21, Lübecker Beiträge zur Kultur und Gesellschaft, herausgegeben von der Gesellschaft zur Beförderung gemeinnütziger Tätigkeit von Manfred Eickhölter. Darin publizierten 22 Autoren Beiträge, darunter Jürgen Schwalm: Bilder aus dem Leben des Theatergrafen Hahn (1782-1857) - Zitat:… Im April 1824 war der Ruin da. Graf Hahn gab auf und legte die Direktion des Lübecker Theaters nieder. Die riesige Schuldenlast brachte den Grafen nicht zur Verzweiflung oder Resignation. Nach Abzahlung der Forderungen, die wieder eine große Lücke in die Familienkasse riss, reagierte er seinem Naturell entsprechend: Er begab sich auf die Fahrt zu neuen Ufern, schloss aber die Rückkehr zu alten Ufern nie aus. Und siehe da: 1839-1841 leitete er nochmals das Lübecker Theater. Das Leben ist halt eine Bühne, man tritt auf und wieder ab, und wenn der letzte Vorhang fällt, müssen alle Darsteller ihre Kostüme in der Garderobe abliefern.
Am 15. Oktober 2020 berichtete die Römisch-Germanische Kommission (RGK) in Frankfurt/Main unter dem Titel: 150 Jahre Hans Dragendorff – Gründungsdirektor der RGK-
Im Sommer dieses Jahres hat der Enkel Hans Dragendorffs, Jürgen Schwalm, dem Archiv der RGK eine umfangreiche, sehr gut sortierte und dokumentierte Sammlung von Briefen, Fotografien, Urkunden und Publikationen seines Großvaters überlassen. Die Sammlung wurde zum Teil von der Tochter Dragendorffs (Lotte Schwalm, geb. Dragendorff) begonnen und enthält neben Originaldokumenten und biografischen Informationen zu Hans Dragendorff auch Archivalien und Zusammenstellungen zu dessen Vater, dem Pharmazeuten Georg Dragendorff, sowie die Ergebnisse genealogischer Forschungen zur Familie Dragendorff. Die Unterlagen sind angereichert mit Zusatzinformationen – seien es persönliche Kommentare oder Sekundärquellen – zu Orten und Personen, die im Umfeld der Familie Dragendorff eine Rolle gespielt haben. Die Dokumente beinhalten zahlreiche neue Informationen über Hans Dragendorff, die die zukünftigen wissenschaftsgeschichtlichen und biografischen Forschungen zu seiner Person bereichern werden.
Zum Dragendorff-Symposium der RGK am 26./27. November 2020 schrieb Jürgen Schwalm in seiner Grußbotschaft u.a.: Aus der alten Hansestadt Lübeck sendet der inzwischen ebenfalls alte Enkel Hans Dragendorffs herzliche Grüße an die RGK in die alte Reichsstadt Frankfurt/Main.- Dragendorffs zweite Ehefrau Erna, geb. Hoyer, wurde vor 130 Jahren in der Lübecker Gartenstraße geboren. Ich stand vor wenigen Wochen wieder einmal vor dem Haus, das die Zeiten nahezu unbeschädigt und unverändert überdauert hat. – Unzerstört und lebendig sind auch meine Erinnerungen an meinen Großvater Hans Dragendorff, der meine naturwissenschaftlichen Interessen frühzeitig erkannt und gefördert hat. Die von ihm geerbte Mineralien- und Fossiliensammlung erfreut mich noch heute und erinnert mich täglich an meinen Großvater.- Allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der RGK und allen beim Dragendorff-Symposium Beteiligten wünsche ich einen guten und ergebnisreichen Verlauf der Tagung…
(in: Jürgen Schwalm „Aus Nimmermehr ein Immermehr“, 1977)
Das Ansveruskreuz aus gotländischem Kalkstein wurde Mitte d. 15. Jh. an der Stelle in Einhaus bei Ratzeburg errichtet, wo der Missionar Ansverus (geb. 1038 in Haithabu) am 15.7.1066 gesteinigt und getötet wurde.
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Jürgen Schwalm: Dramatische Landschaft, Pastellfarben, 2006 |
Jürgen Schwalm
Gedichte vom Ende und Anfang
(geschrieben 1988)
Am Ende dunkler Zeiten
Einmal doch am Ende dunkler Zeiten
wird die Erde wieder singen.
Die Wälder werden an die Berge branden,
als grüne Flut in Sturm und Sonne tanzen.
Der Himmel hört das Lied
und wiegt es wie im Anbeginn
als Kindervers, befreit von Not und Schuld.
Er, der jetzt festlich groß erblaut,
nennt keine Zahl mehr, kein Verbot,
er hat das Sühnemaß vergessen;
und wenn nach allen schweren Tagen
die Stunde unsrer Neugeburt gekommen ist,
wird er die Arme wieder um uns schließen.
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Rosenblüten – Foto: Jürgen Schwalm,
2012 |
Jürgen Schwalm
Gedichte vom Ende und Anfang
(geschrieben 1988)
Der letzte Raum
Wenn dir nur ein Tisch bleibt,
ein Stuhl,
und schließlich allein das Bett -
Wenn die Totenuhr pocht –
Wenn dann die Stunde naht,
in der das große Geheimnis
für dich enthüllt wird –
Wenn im letzten Raum
schließlich nur noch Blüten,
die ein tiefer Traum
über dein Bett streut,
die Atemzüge zählen -
Jedes Blatt
zeigt dir noch einmal Augenblicke,
die du erlebt hast;
sie sind nicht mehr Sommer,
aber leuchtende Erinnerungen -
Hab’ keine Angst:
Von nun an
welkt nichts mehr ab
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Jürgen Schwalm: “Der Herbst”, Collage, 2001 |
Jürgen Schwalm
Gedichte vom Ende und Anfang
(geschrieben 1988)
Das abgelebte Gestern
Das abgelebte Gestern.
Meine Einsamkeit.
Der Rost des Abends.
Hinter kahlem Geäst die Kälte.
Wenn ich wüsste,
ob ich dich morgen
noch rufen kann,
das wäre Beschränkung.
Das Heute wundert sich,
wie es möglich ist:
Deine Hand findet meine Hand.
Ich spüre deine Wärme.
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Jürgen Schwalm: “Der Stoff, aus dem die Träume sind”, Hinterglasmalerei über Baumwollstoff, 2005 |
Jürgen Schwalm
Der Stoff, aus dem die Träume sind (3)
Was geschieht in unseren Träumen? Oft werden wir in unseren Nächten ans Kreuz geschlagen und reißen uns an den Nägeln wund.
Am Rand unserer Träume sind wir aber manchmal auch in der Lage, erstaunliche oder komische Definitionen zu finden und in den Wachzustand zu retten.
Traum im Jahr 2004 (kurz vor dem Erwachen): In einer Bretterbude ringt ein Schauspieler pathetisch die Hände und sagt in sächsischem Idiom: „Dialekt schafft Intellekt.“ Ich erwachte unter meinem eigenen lauten Gelächter.
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Jürgen Schwalm: “Träumen von Bäumen”, Fotostudie, 2020 |
Jürgen Schwalm
Der Stoff, aus dem die Träume sind (1)
Im September 1997 protokollierte ich sofort nach dem Erwachen folgenden Traum:Zwei dicht nebeneinanderstehende Bäume (sie heißen im Schlaf „A-horn“ – mit der Betonung auf „horn“) die sich in den Armen liegen, tauschen mit den Fingerspitzen ihrer Zweige unter einem Laubschirm (Laubschild) Nachrichten aus. Die Nachrichten sehen wie Nüsse aus. Die Blätter der Bäume schließen sich um die Nüsse, und wenn sie sich nach einer Weile wieder öffnen, sind die Nüsse verschwunden, weil sie verdaut wurden. Ich bin sehr zufrieden, weil ich weiß, dass die Nüsse die Erbmasse sind und dass die Bäume den „Austausch“ im Gegensatz zu den Menschen erstmals nach vierzig Jahren unter dem Schirm (Schild) betreiben, wenn sie genügend Erdbeeren, Erbsen und Eckern gesammelt haben, damit ihnen bessere Kinder gelingen. „Der Spinat fürs Leben schmeckt den Kindern dann auch besser“, sagt jemand.
Ich erwachte mit dem Gefühl, tiefschürfende Erkenntnisse gewonnen zu haben.
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Jürgen Schwalm: Das Symbol der ärztlichen Kunst: Der Äskulapstab. – Hinterglastechnik, 2019 |
Jürgen Schwalm
Pathographien
Die Pathographien, die Ärzte über Künstlerpersönlichkeiten verfertigen, zeigen nicht selten selbst pathologische Auswüchse. Die Verbindung von Kunst und Krankheit ist ein heikles Thema. Wie schnell ist man da beim Begriff der krankhaften und am Ende wieder der entarteten Kunst unseligen Angedenkens.
Manchmal sind pathographische Fehldeutungen aber nur lächerlich. Es ist bekannt, dass der Maler Dominikos Theotokópoulos, genannt El Greco (1547- 1614), die Personen seiner Bilder häufig mit überlangen Körpern und Gesichtern darstellte. Nachdem der Künstler bereits dreihundertfünfzig Jahre tot war, attestierten ihm Ärzte, er hätte an einer organischen Sehstörung, nämlich an einem Astigmatismus, zu deutsch: an einer Stabsichtigkeit gelitten, bei der infolge einer Hornhautverkrümmung Punkte als Striche wahrgenommen und Linien verzerrt gesehen werden. Hätte man damals El Greco schon eine entsprechende Korrekturbrille verpassen können, dann wären die Proportionen auf seinen Bildern „korrekter“ ausgefallen.
O sancta simplicitas! Ein Individual-Stil muss nicht die Folge eines Sehfehlers des Künstlers sein, und Ärzte sollten erst einmal selbst die richtige Brille aufsetzen, bevor sie Pathographien schreiben.
(aus: Der Lebens-Baum)
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Jürgen Schwalm: “Was hinter Worten steckt”, Fotostudie, 2020 |
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Günther Kressl:
Moor-Landschaft. Gez. Günther Kressl 29/1/88 –
Jürgen (Schwalm) einen
herzlichen Geburtstagsgruß
mit einer
Moor-Landschaft auf seinem Briefumschlag Dein Günther
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Jürgen Schwalm: “Sprossung”, Hinterglasmalerei, 2011 |
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Jürgen Schwalm: “Die Urzelle”, Hinterglasmalerei, 2014 |
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Brunnen-Figuren im Park von Funchal
/Madeira, Foto: Jürgen Schwalm, 2007
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“Goliath, der Prachtkäfer, und seine Ambassadeure”. Foto: Jürgen Schwalm,
2020
(Farbtafel aus Brockhaus, 1894)
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